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Anklage gegen ein mutmaßliches Mitglied der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat (IS)“ erhoben

Ausgabejahr 2019
Datum 16.01.2019

Anklage gegen ein mutmaßliches Mitglied der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat (IS)“ erhoben

Die Bundesanwaltschaft hat am 20. Dezember 2018 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart Anklage gegen

die 32-jährige deutsche Staatsangehörige Sabine Ulrike Sch.

erhoben. Die Angeschuldigte ist hinreichend verdächtig, sich als Mitglied an der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat (IS)“ beteiligt (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB) sowie sich, ohne dass dies durch die Erfordernisse des bewaffneten Konflikts geboten war, Sachen der gegnerischen Partei in erheblichem Umfang völkerrechtswidrig angeeignet zu haben (§ 9 Abs. 1 VStGB). Zudem werden ihr Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz (§ 22a Abs. 1 Nr. 2 KrWaffG) sowie gegen das Waffengesetz (§ 52 Abs. 1 WaffG) zur Last gelegt.

In der nunmehr zugestellten Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:

Sabine Ulrike Sch. verließ im Dezember 2013 die Bundesrepublik Deutschland, um sich der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat (IS)“ anzuschließen. Sie reiste über die Türkei nach Syrien und heiratete - nach islamischem Ritus - unmittelbar nach ihrer Ankunft einen ihr bis dahin unbekannten, höherrangigen „IS“-Kämpfer. Mit ihm lebte sie entsprechend der Ideologie des „IS“ zusammen und brachte zwei gemeinsame Kinder zur Welt. Damit ihr Ehemann uneingeschränkt dem „IS“ für die Entfaltung terroristischer Aktivitäten zur Verfügung stehen konnte, verrichtete die Angeschuldigte den Haushalt und kümmerte sich um die gemeinsamen Kinder.

Anfang März 2014 bezog die Angeschuldigte zusammen mit ihrem Ehemann in Manbij ein von dem „IS“ zur Nutzung überlassenes Wohnhaus. Dieses hatte der „IS“ unter seine Verwaltung gestellt, nachdem die rechtmäßigen Bewohner vor dem „IS“ geflohen waren. Außerdem erhielten sie neue Haushaltsgeräte, die aus einer durch den „IS“ geplünderten Fabrik stammten. Anschließend zogen sie im Juni/Juli 2014 in eine möblierte Wohnung in der Stadtmitte von Raqqa. Auch dieses Anwesen war von dem „Islamischen Staat“ in seinen Besitz genommen worden, nachdem die rechtmäßigen Bewohner durch den „IS“ vertrieben oder vor ihm geflohen waren.

Daneben betätigte sich die Angeschuldigte auch selbst für den „Islamischen Staat“. Im Januar 2014 verschanzte sie sich zusammen mit zwei Bewohnerinnen eines „Frauenhauses“ des „IS“ in dem Keller dieses Gebäudes. Zuvor waren sie von einem Befehlshaber des „IS“ mit der Zündung der von ihnen getragenen Sprengstoffgürtel beauftragt worden, sollten Angehörige gegnerischer Truppen das „Frauenhaus“ betreten. Hierzu kam es allerdings nicht. Die drei Frauen wurden rechtzeitig von Kämpfern des „Islamischen Staates“ aus dem Gebäude geholt und nach Raqqa gebracht.

Um den Herrschaftsanspruch des „Islamischen Staates“ in Raqqa zu stärken und die örtliche Zivilbevölkerung einzuschüchtern, nahm die Angeschuldigte als Zuschauerin an vom „IS“ durchgeführten öffentlichen Hinrichtungen teil. Hierzu ließ der Ehemann der Angeschuldigten um sie herum eine kleine Gasse bilden, damit sie für die umstehende Bevölkerung deutlich als „IS-Frau“ erkennbar wurde. Außerdem unterhielt sie mehrere - von der Terrororganisation überwachte - Internetblogs, in dem sie das Leben beim „IS“ anpries. Sie bewarb und rechtfertigte die Lebensweise, Regeln und Ziele des „Islamischen Staates“ sowie zu deren Durchsetzung die Anwendung von Gewalt, bis hin zu gezielten Tötungen.

Überdies erhielt die Angeschuldigte zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Zeitraum Januar 2014 bis August 2017 ein Sturmgewehr des Typs Kalaschnikow, eine Maschinenpistole sowie zwei Faustfeuerwaffen zur eigenen Verwendung. Die Angeschuldigte wurde von ihrem Ehemann in der Handhabung der Waffen unterwiesen. Außerdem absolvierte sie unter anderem in einem vom „IS“ genutzten militärischen Ausbildungslager Schießübungen mit dem Sturmgewehr sowie der Maschinenpistole.

Nachdem der Ehemann von Sabine Ulrike Sch. Anfang Dezember 2016 bei Kämpfen getötet worden war, sollte sie erneut verheiratet werden. Im September 2017 wurde die mit einer Pistole bewaffnete Angeschuldigte von kurdischen Sicherheitskräften zusammen mit Frauen anderer „IS“-Kämpfer festgenommen. Die Angeschuldigte kehrte am 26. April 2018 in die Bundesrepublik Deutschland zurück.

Die Angeschuldigte wurde am 26. Juli 2018 festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft (vgl. Pressemitteilung Nr. 40 vom 26. Juli 2018). Bereits am 29. März 2018 hatte die Bundesanwaltschaft einen Haftbefehl beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs beantragt. Dessen Erlass war mit Beschluss vom 6. April 2018 aus rechtlichen Gründen abgelehnt worden. Auf die Beschwerde der Bundesanwaltschaft hatte der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs den Haftbefehl erlassen.

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